Wir freuen uns darauf, im Sommersemester 2022 Dr. Bernhard Leistle als DAAD-Gastprofessor von der Carleton University (Kanada) in München begrüßen zu dürfen.
Neben Forschungstätigkeiten, u.a. mit der Arbeitsgruppe Transformatives Forschen, wird Leistle auch drei Seminare für unsere Studierenden anbieten. Seine Forschungsinteressen liegen in den Bereichen Phänomenologische Anthropologie, Phänomenologie, Performativität und Interkulturalität und passen somit sehr gut zu den Themen des ZGF und des Lehrstuhls IST. Wir würden uns außerdem sehr freuen, wenn Sie Herrn Leistle in einer Abendveranstaltung an der HFPH kennenlernen möchten – wir halten Sie auf dem Laufenden!
Bezugspunkte und aktuelle Forschungsprojekte zur Phänomenologie des Fremden – im Gespräch mit Bernhard Waldenfels
Tagung mit Bernhard Waldenfels, Franz Gmainer-Pranzl, Bernhard Leistle und Barbara Schellhammer
29. Juli 2022, HFPH
Anmeldung unter zgf@hfph.de
Deutsche Identitäten, indigene Realitäten - Reflexionen aus Kanada
Öffentlicher Abendvortrag (deutsch)
13. Juli 2022 im Amerikahaus, München
Lunch Talk
ZGF & Lehrstuhl Völkerverständigung (intern)
22. Juni 2022, HFPH
Lehre
Hier werden Sie sich für die Lehrveranstaltungen des Sommersemesters anmelden können. Leistle wird in englischer und deutscher Sprache unterrichten.
308 Proseminar: Merleau-Pontys Philosophie der Kultur – Kunst, Ausdruck und Struktur
Mittwoch 14:15-15:45 Uhr, SR 3
Maurice Merleau-Ponty (1908 – 1961) ist den meisten bekannt als Phänomenologe, der den Leib und seine Erfahrung in den Mittelpunkt philosophischen Denkens stellte. Weniger bekannt ist, dass Merleau-Ponty auch wichtige Beitraege zur Philosophie und Theorie der Kultur geliefert hat. Das Proseminar nähert sich diesem Aspekt der Philosophie Merleau-Pontys durch die Lektüre und Diskussion ausgewählter Texte aus verschiedenen Perioden seines Denkens an. Schwerpunkte liegen auf Merleau-Pontys Schriften zur Kunst, Ausdruckstheorie and Strukturdenken, sowie auf deren Relationen zur Kulturanthropologie.
418 Hauptseminar: Phenomenology of Performativity – The Chicago Conspiracy Trial
Dienstag 16:15-17:45 Uhr, SR 2
In this seminar, we will explore new paths in the philosophy of performativity and apply them in the analysis of a concrete historical event. Particular emphasis will be placed on phenomenology (Merleau-Ponty, Plessner, Waldenfels) which up to now is rarely mentioned in standard accounts of performativity. Classical and contemporary phenomenology, however, offers many fruitful connections to established theories of performativity (Austin, Butler, Derrida), based on its conception of experience as intentional self-world communication. The foundational idea of this “new” phenomenology of performativity consists in the reality-constitutive potential of human expression and behavior. This framework is applied to the analysis of the Chicago Conspiracy Trial in the second part of the seminar. This 1969/70 court trial became (in)famous through the refusal of the defendants, all of them members of so-called “counterculture”, to accept the authority of the court, and their attempt to subvert this authority through performative actions. The Conspiracy Trial thus provides an excellent case study in performativity; moreover, it addresses a number of political themes that continue to be of ongoing relevance in the USA and worldwide.
Dt. Titel: Phänomenologie des Performativen – The Chicago Conspiracy Trial
Ziel dieses Hauptseminar ist es, neue Wege in der Philosophie des Performativen zu erproben und in der Analyse eines konkreten historischen Ereignisses anzuwenden. Besondere Bedeutung wird hierbei der Phänomenologie (Merleau-Ponty, Plessner, Waldenfels) zukommen, welche in der einschlägigen Literatur bislang kaum Erwähnung findet. Allerdings bietet deren Konzeption der Erfahrung als intentionaler Kommunikation zwischen Selbst und Welt zahlreiche Anknüpfungspunkte zu etablierten Performativitätstheorien (Austin, Butler, Derrida). Der zentrale Gedanke einer Phänomenologie des Performativen liegt dabei im realitätskonstituierenden Potenzial menschlichen Ausdrucks und Verhaltens. Im zweiten Teil des Seminars wird dieser Ansatz in der Analyse des “Chicago Conspiracy Trial” in der Praxis erprobt. Dieser Gerichsprozess von 1969/1970 wurde berühmt durch die Weigerung der Angeklagten, allesamt Vertreter der damaligen “Counterculture”, die Autorität des Gerichts zu akzeptieren und deren Versuche, diese Autorität durch performative Mittel zu unterwandern. Der Conspiracy Trial eignet sich daher vorzüglich als Fallstudie in Performativität; darüber hinaus spricht er eine Reihe von politischen Themen an, die auch in zeitgenössischen Diskussion eine grosse Rolle spielen, sowohl in den USA, als auch weltweit.
417* Hauptseminar: Intercultural Psychology – Cultural Relativism and Universalism with Georges Devereux
Mittwoch 18:15-19:45 Uhr, SR 3 plus Block Fr 8.7. 14:00-18:45; Sa 9.7. 10:15-11:45, 12:45-16:30 Uhr
In this seminar, we will approach the relation between philosophical universalism and cultural relativism through the discussion of Georges Devereux’ classical study Reality and Dream. Psychotherapy of a Plains Indian. Devereux’ psychotherapeutic treatment of Jimmy Picard, an indigenous WWII veteran, poses a number of questions that have not lost their relevance in the contemporary, globalized world: How does culture shape experience, behavior and personality of individuals? To what degree are psychological and psychiatric concepts the product of a specific cultural world, and only applicable to this context? Can therapists, or subjects in general, overcome the limitations of their cultural perspective and under what circumstances is this possible? etc. The attempt to answer such questions through Devereux’ work points us in the direction of intercultural spheres and practices whose foundational character is also highlighted in the phenomenological thinking of philosophers like Canguilhem, Merleau-Ponty and Waldenfels.
Dt. Titel: Interkulturelle Psychologie – Kulturrelativismus und Universalismus mit Georges Devereux
In diesem Hauptseminar werden wir uns mit dem Verhältnis von Relativismus und Universalismus anhand von Devereux’ klassischer Studie Reality and Dream. Psychotherapy of a Plains Indian beschäftigen. Devereux’, nach seinen Angaben erfolgreiche, Behandlung eines indigenen Weltkriegsveteranen wirft eine Reihe von Fragen auf, die nichts an Aktualität eingebüßt haben, z.B.: Inwieweit sind Erfahrung, Verhalten und Persönlichkeitsstruktur, kulturell geprägt? In welchem Grade sind psychologische and psychiatrische Konzepte mit universalistischem Anspruch Produkte einer spezifischen Kulturwelt? Kann ein Therapeut die Begrenzungen seiner kulturellen Prägung überwinden, und unter welchen Bedingungen ist dies möglich? Etc. Der Versuch, Antworten auf solche Fragen zu finden, verweist uns auf die grundliegende Bedeutung interkultureller Räume und Praktiken, welche auch von Phänomenologen wie Canguilhem, Merleau-Ponty und Waldenfels betont wird.