Herausgegeben von Dominik Finkelde und Slavoj Žižek
Das Fortwirken der Lacanschen Psychoanalyse in der zeitgenössischen Theoriebildung hat zu einer Serie neuer Fragestellungen geführt, die das traditionelle Selbstverständnis der praktischen Philosophie herausfordert. Die Reihe Lacanian Explorations ist der Vertiefung und Fortführung von Analysen gewidmet, die im Rückgriff auf Jacques Lacan die Grundbegriffe der praktischen und politischen Philosophie neu zu denken versuchen.
Jacques Lacan, Struktur, Andersheit, Subjektkonstitution (August Verlag Berlin, 2015)
herausgegeben, übersetzt und mit einem Kommentar von D. Finkelde
Das Fortwirken der Lacanschen Psychoanalyse in der zeitgenössischen Theoriebildung hat zu einer Serie neuer Fragestellungen geführt, die das traditionelle Selbstverständnis der praktischen Philosophie herausfordert. Die von Dominik Finkelde und Slavoj Žižek herausgegebene Reihe Lacanian Explorations ist der Vertiefung und Fortführung von Analysen gewidmet, die im Rückgriff auf Jacques Lacan die Grundbegriffe der praktischen und poli- tischen Philosophie neu zu denken versuchen. Der erste Band der Reihe präsentiert erstmals in deutscher Übersetzung den Vortrag „Über Struktur als das Einmischen einer Andersheit als Voraussetzung eines Subjekts“, den Lacan 1966 auf der berühmten Strukturalismus-Konferenz an der Johns Hopkins University in Baltimore hielt, die unter dem Titel The Structuralist Controversy bekannt wurde. Der Vortrag bündelt seine philosophischen Motive aus zwei Jahrzehnten, darunter die Frage nach dem prekären Status des Unbewussten, das in Wiederholungen befangen ist und dessen Struktur Lacan anhand von Gottlob Freges Theorie der Zahlengenese erläutert. Ebenso legt Lacan seinen Hörern illustrative Veranschaulichungen der Psyche mit Verweisen auf das Möbius-Band, den Torus und die Klein’sche Flasche dar. Die in diesem Band ebenfalls abgedruckte Diskussion, die auf den Vortrag folgte und die aufgeladene Atmosphäre unter den Teilnehmern (wie u.a. Roland Barthes, Jacques Derrida, Lucien Goldmann, René Girard und Jan Kott) veranschaulicht, macht den Text zu einem Zeitdokument besonderer Art.
Slavoj Žižek, The Wagnerian Sublime (August Verlag Berlin, 2016)
Im zweiten Band der Reihe Lacanian Explorations untersucht Slavoj Žižek, wie bestimmte Leitmotive die Dramatik von Wagners Opern strukturieren, indem sie ein exzessives Begehren in Reinform in Szene setzen: die Schmerzen unerträglicher Sehnsucht (Parsifal), ein Streben nach dem Absoluten (Der fliegende Holländer), ein tödliches Übermaß an Liebe (Tristan und Isolde). Welcher Gegenkräfte bedarf es, um die Erfüllung des sich selbst konsumierenden Begehrens zu begrenzen? Welche Funktion haben die immer wiederkehrenden Motive des Versagens und des Aufschubs der Einheit mit der Geliebten? Die Unmöglichkeit der Geschlechterbeziehung und der unendliche Aufschiebungsprozess eines nicht zu befriedigenden Begehrens beschreiben entscheidende Momente der Wagnerschen Dramatik, die Žižek auch in Opern von Leoš Janáček, Piotr Tschaikowski und Arnold Schönberg verfolgt.
Eric Santner, Gesetz und Paranoia
übersetzt von Katja Breidenbach und D. Finkelde (August Verlag Berlin, 2018)
Kurz nach seiner Ernennung zum Senatspräsidenten am Oberlandesgericht Dresden im Jahr 1893 erleidet Daniel Paul Schreber einen psychotischen Zusammenbruch. Zehn Jahre später erscheinen seine Denkwürdigkeiten eines Nervenkranken, die zur Vorlage von Sigmund Freuds berühmter Abhandlung über die Paranoia (1911) werden. Beide Schriften stellen Eric Santner zufolge Schlüsseltexte der europäischen Moderne dar: Sie lassen die Genese von fundamentalen Krisenerscheinungen des 20. Jahrhunderts erkennbar werden, wie sie etwa auch Franz Kafka oder Walter Benjamin schildern. Vor allem geht es dabei um Krisen der sozialen Autorisierung und um das verstörende Wirken der nicht assimilierbaren Mächte symbolischer Rechtskraft. Unter diesen Mächten zerbrach, so Santner, die Psyche des Richters Schreber, der „im Namen des Volkes“ Recht sprechen sollte und dazu nicht in der Lage war. Zu einer Quelle der Verstörung werden sie jedoch auch bei Freud, dessen Lehre vom Unbewussten ihrerseits von Fragen der symbolischen Autorisierung und Rechtskraft heimgesucht wird.
Samo Tomšič, The Labour of Enjoyment. Towards a Critique of Libidinal Economy
(August Verlag Berlin, 2020)
Lust erscheint als reine Privatsache, ist sie aber nicht. Seit Aristoteles wird die philosophische Gesellschaftskritik von der Frage gequält, ob die libidinösen Strebungen der menschlichen Subjekte den Aufbau einer gerechten politisch-ökonomischen Ordnung unterstützen. In der Moderne schien dieses Problem vorerst überwunden zu sein. Der ökonomische Liberalismus und Utilitarismus behaupteten, egoistische Privatinteressen und gesellschaftliche Gerechtigkeit seien unmittelbar verbunden, und der Kapitalismus habe die libidinöse und politische Ökonomie in der bestmöglichen Weise zusammengebracht. Aber die politisch-ökonomische Landschaft erwies sich bald als wesentlich komplexer und widerspruchsvoller. An diesem Punkt intervenierte bekanntlich Marx’ Kritik der politischen Ökonomie. Eine weitere kritische Zuspitzung findet man bei Freud, dessen Konzeption des Unbewussten eine neue Kartographie des politischen Raums vorlegte und dessen Libidotheorie das Mitspiel des libidinösen Apparats beim Erhalten kapitalistischer Machtverhältnisse aufdeckte. Das vorliegende Buch erinnert an diese psychoanalytischen Einsichten und affirmiert ihre fortdauernde Aktualität – als einen politischen Ansatz der Psychoanalyse, den man als Kritik der libidinösen Ökonomie bezeichnen kann.
Mladen Dolar, Den Schleier lüften. Drei Aufsätze zur theoretischen Psychoanalyse (Turia & Kant, 2023)
Der vorliegende Band vereint drei erstmals ins Deutsche übersetzte Artikel des slowenischen Philosophen Mladen Dolar. Als Mitbegründer der Ljubljana Lacan Schule hat er neben Slavoj Žižek und Alenka Zupančič die zeitgenössische Philosophie der Psychoanalyse wesentlich mitgeprägt.
Unter seinen Publikationen ragt besonders das Buch A Master’s Voice. Eine Theorie der Stimme aus dem Jahr 2006 heraus. Tatsächlich reicht aber Dolars Expertise weit über die Thematik dieser Monographie hinaus. Das wird deutlich, wenn man die Vielzahl von Artikeln liest, die er seit den 1970er Jahren in nationalen und internationalen Fachzeitschriften publiziert hat und von denen hier nur ein kleiner Auszug vorgestellt wird. In diesen behandelt er subjektphilosophische Fragen der Psychoanalyse im Horizont der Philosophie des deutschen Idealismus und des dialektischen Materialismus in der Nachfolge von Marx und Adorno.
Slavoj Žižek - Das lächerlich Erhabene (Turia & Kant, 2023)
Aus der Reihe Lacanian Explorations, herausgegeben von Dominik Finkelde und Slavoj Žižek: In zehn Kapiteln bestimmt Slavoj Žižek die kinematographische Dramaturgie des amerikanischen Kultregisseurs David Lynch am Beispiel von Lost Highway. Die Ästhetik dieses Meisterwerks des Neo-noir aus dem Jahr 1997 zielt auf die Inszenierung einer traumatischen Begegnung mit dem, was nicht repräsentiert werden kann. Damit übertrifft Lynch das traditionelle Verständnis von Kunst als Medium der Erweiterung unserer Wahrnehmungen und unserer Begriffe. Wie kaum ein anderes Werk seiner Zeit veranschaulicht Lost Highway, wie die Geist-Welt Beziehung von Lynch durch einen sexuellen Exzess immer wieder in Unordnung gebracht wird. Er markiert die unsterbliche Dimension einer anti-biologischen, teils symbolischen Kraft, die Žižek im Vokabular der Philosophie der Psychoanalyse enthüllt.