Implizite Voreingenommenheit: Was fehlt uns?

Forschungsprojekt „Implizite Voreingenommenheit: Was fehlt uns?“ unter der Leitung von Dr. Lieke Asma gefördert von der Deutschenfortschungsgemeinschaft im Zeitraum von 2021-24.

Projektbeschreibung

Psychologische Forschung hat gezeigt, dass wir manchmal implizite Voreingenommenheit (implicit bias) in unserem Verhalten zeigen. Ohne das zu beabsichtigen, behandeln wir Menschen, die einer bestimmten sozialen Gruppe angehören, anders, nur weil sie Teil dieser sozialen Gruppe sind. Das Bild, das in der Literatur angenommen wird, ist, dass diese impliziten Vorurteile durch eine implizite Einstellung (implicit attitude) erklärt werden können. Dementsprechend hat sich die Forschung auf diesem Gebiet hauptsächlich damit beschäftigt, diese implicit biases zu verstehen und zu messen, die implizit voreingenommenes Verhalten kausal erklären soll.

Psychologische und philosophische Forschung gibt uns allerdings Grund zu der Annahme, dass das nicht der richtige Ansatz ist. Empirische Befunde deuten darauf hin, dass sowohl die Werte in impliziten Messungen wie dem Implicit Association Test als auch implizit voreingenommenes Verhalten nicht das Ergebnis einer einzigen zugrunde liegenden impliziten Einstellung sind. Vielmehr scheinen verschiedene und disparate Zustände und Prozesse dazu beizutragen. Auch erbt das implizit voreingenommene Verhalten seine Implizitheit und Voreingenommenheit nicht von einer psychologischen Ursache. Das implizit voreingenommene Verhalten wird zuerst erkannt, und erst danach wird dem Handelnden eine implizite Einstellung zugeschrieben, um es zu erklären. Natürlich können kognitive Prozesse und mentale Zustände das Auftreten impliziter Voreingenommenheit erklären, aber das kann nicht das sein, was das Verhalten gleichzeitig als voreingenommen und implizit charakterisiert. Wir müssen uns auf die Charakteristika dessen konzentrieren, was der Agent tatsächlich tut.

Das vorliegende Projekt hat aus diesen Gründen drei Ziele:

  1. Ich werde Anscombes Handlungstheorie verwenden, um die verschiedenen Arten und Weisen zu erläutern, wie Agenten an dem, was sie tun, involviert sein können. Agenten haben eine bestimmte Art von Wissen, praktisches Wissen, über ihre Handlungen, aber sie haben kein praktisches Wissen über reines Verhalten. Dies legt nahe, dass Handlungen explizit sind, während Verhalten implizit ist. Mein erstes Ziel ist es, eine detaillierte Darstellung zu entwickeln, auf welche Weise unser Verhalten implizit sein kann.
  2. Der Begriff Bias wurde als Oberbegriff für Sexismus, Rassismus usw. verwendet und als Tendenz oder als irrational definiert. Meiner Meinung nach muss ein Verhalten aber nicht tendenziös oder irrational sein, um sexistisch zu sein. Mein zweites Ziel ist es, diese Begriffe auseinanderzuhalten.
  3. Mein Ansatz hat zur Folge, dass wir nicht die gleiche (Art von) Wissen über unsere Handlungen und unser (implizit voreingenommenes) Verhalten haben. Vielmehr legt er nahe, dass andere in einer besseren Position sein könnten, unser implizit voreingenommenes Verhalten zu kennen oder herauszufinden. Im dritten Teil des Projekts untersuche ich, ob daraus zu schließen ist, dass wir kollektiv für implizite Voreingenommenheit verantwortlich sind.

 

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