Theologische und philosophische Anthropologie im Islam
MAkons: III (EG)
Mag: F2, F4
Thematik
In Diskussionen darüber, inwieweit sich Anhänger des Islam in den gesellschaftlichen Grundkonsens einklinken können, auf dem die säkulare und demokratische Staatsordnung, das Recht, die Sozialsysteme und das Bildungswesen der Bundesrepublik Deutschland beruhen, wird häufig die Frage nach der Kompatibilität des Menschenbilds von Muslimen mit demjenigen von christlich geprägten, aber auch durch die Aufklärung hindurchgegangenen Europäern gestellt. Die Vertrautheit mit anthropologischen Vorstellungen und Überlegungen muslimischer Denker kann dabei helfen, diese Frage sachgerecht zu beantworten. Unter anderem deshalb lohnt sich die Beschäftigung mit dem Thema der Vorlesung.
Ziele
Die Vorlesung soll einen Überblick über die Hauptthemen, Probleme und Erträge anthropologischer Reflexion muslimischer Theologen und Philosophen in Geschichte und Gegenwart vermitteln.
Methode
Eingeleitet wird die Vorlesung mit einer ersten Einführung in das Thema und einem Überblick über die wichtigsten anthropologisch bedeutsamen Aussagen der beiden grundlegenden normativen Textquellen des Islam, des Koran und des Hadith. Ihr Hauptteil ist problemgeschichtlich angelegt, trägt jedoch zugleich dem tiefgreifenden Wandel der diskutierten Themen, der seit Beginn der europäisch beeinflussten Moderne zu beobachten ist, durch eine chronologische Zweiteilung Rechnung: Zuerst wird die Zeit von den Anfängen bis um die Wende zum 19. Jahrhundert behandelt, dann die vom 19. Jahrhundert bis heute. Beiden Entwicklungsphasen wird etwa gleich viel Zeit gewidmet. Der Versuch einer kurzen Gesamtwürdigung im Rückblick auf das Besprochene schließt die Veranstaltung ab. So ergibt sich die folgende Grobgliederung:
A. Einführung in die Thematik, Grundlagen der Anthropologie in Koran und Hadith
B. Hauptteil: Problemgeschichtlicher Abriss
I. Ältere Zeit:
1. Frühe und „klassische“ islamische Theologie:
(a) Leib – Selbst - Geist
(b) Wille und Handeln des Menschen und Ratschluss Gottes
2. „Klassische“ islamische Philosophie:
(a) Leib – Seele - Intellekt
(b) Das Erkenntnisvermögen des Menschen und seine Stellung im Kosmos
(c) Mensch und Kosmos in der Theosophie der pantheistischen Mystik und in der illuministischen Philosophie, unter besonderer Berücksichtigung von Ibn al-ʿArabī (gest.1240) und Molla Ṣadrā (gest. 1640)
II. Entwicklungen vom 19. Jahrhundert bis zur Gegenwart im theologischen Denken und in der Philosophie von Muslimen:
1. Freiheit, Autonomie, Person
2. Zugänge zu den Begriffen der Menschenwürde und der Menschenrechte
3. Das islamische Menschenbild im Horizont moderner evolutionsbiologischer Erkenntnisse
C. Abschließende Gesamtwürdigung
Gelegenheit zur Besprechung von Fragen der Studierenden besteht regelmäßig nach einer kurzen Pause in der Mitte der Doppelstunden.
Voraussetzungen
keine
Zielgruppe
alle Interessierten
Literatur
Literaturlisten zu den behandelten Gegenständen werden in der Vorlesung fortlaufend verteilt. Die Dozentin stellt außerdem ausgewählte Textausschnitte aus den besprochenen islamischen Originalquellen in deutscher oder englischer Übersetzung zum Mitlesen für interessierte Teilnehmer und Teilnehmerinnen ins Netz.