Den Anfang macht der Theologe und Philosoph Benedikt Paul Göcke. Vor Kurzem wurde er mit der wichtigsten Auszeichnung für den wissenschaftlichen Nachwuchs in Deutschland ausgezeichnet, dem Heinz Maier-Leibnitz-Preis 2018. Seit 2017 ist er Juniorprofessor für Religionsphilosophie und Wissenschaftstheorie am Lehrstuhl für Philosophisch-Theologische Grenzfragen an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Ruhr-Universität Bochum. An der Hochschule promovierte Göcke 2013 im Rahmen eines Fellowships des von der John-Templeton-Foundation geförderten Projekts „Analytic Theology - Towards a Convergence of Philosophy and Theology“. Zuvor wurde er 2011 in Münster in katholischer Theologie promoviert.
Dein aktuelles Forschungsprojekt trägt den Titel „Theologie als Wissenschaft“. Mit welchen Fragen beschäftigst Du Dich dabei?
Der Theologie wird sowohl aufgrund ihrer metaphysischen und erkenntnistheoretischen Implikationen als auch aufgrund ihrer konfessionellen Vorgaben oft der wissenschaftliche Status abgesprochen. Meine Arbeit beschäftigt sich daher zunächst mit wissenschaftstheoretischer Grundlagenforschung, die den Begriff der Wissenschaftlichkeit menschlicher Tätigkeiten zu spezifizieren versucht, um darauf basierend allgemeine Strukturmerkmale geistes- und naturwissenschaftlicher Forschung auszuloten und ein Demarkationskriterium zur Unterscheidung von Wissenschaften und Pseudo-Wissenschaften zu entwickeln. Ausgehend von diesen Grundlagen, die sich zunehmend an der Idee des Forschungsprogramms von Imre Lakatos und der Idee der Forschungstradition von Larry Laudan orientieren, analysiere ich die spezifischen Bedingungen, die eine wissenschaftliche Theologie erfüllen müsste. Und ich überprüfe, welches theologische Forschungsprogramm dem am besten entspricht und wie es eventuell noch modifiziert werden müsste. Die Landschaft in Theologie und Religionsphilosophie kann davon insofern profitieren, als ich versuche, die analytische Debatte in der Wissenschaftstheorie mit gegenwärtigen metaphysischen und theologischen Debatten zusammenzubringen. Das Ziel ist es, zu zeigen, dass auch unter heutigen Vorzeichen Theologie selbstbewusst als Wissenschaft auftreten kann und die oft zu beobachtende metaphysische Selbstentkernung der Theologie angesichts der Herausforderungen einer naturalistischen Wissenschaftstheorie unbegründet ist. Erste Ergebnisse konnte ich bereits veröffentlichen: „Theologie als Wissenschaft? Erste Antworten auf die Herausforderungen von Naturalismus und Wissenschaftstheorie“ In: Theologie und Glaube. Vol. 107/2. 113-136. 2017.
Was bedeutet der Heinz Maier-Leibnitz-Preis für Deine Forschung?
Der Heinz Maier-Leibnitz-Preis der DFG ist nicht nur eine enorme Auszeichnung und Anerkennung meiner bisherigen Forschung, sondern auch ein immenser Ansporn für die Zukunft, den von mir eingeschlagenen Weg konsequent weiterzugehen. Zugleich sehe ich die Zuerkennung des Preises als Bestätigung dafür, dass der Auswahlausschuss der DFG die analytische Theologie im Allgemeinen als leistungsfähigen wissenschaftlichen Ansatz betrachtet, die gegenwärtigen Herausforderungen christlichen Denkens vor dem Forum der Vernunft und im Dialog mit den Naturwissenschaften unter Einbezug gegenwärtiger Methoden und Einsichten der analytischen Philosophie anzugehen.
Was bleibt Dir am meisten von der Hochschule in Erinnerung? Was nimmst Du von uns mit?
Ich habe die Hochschule immer als philosophischen Leuchtturm wahrgenommen, der zu den unterschiedlichsten philosophischen Themen Spitzenforschung betreibt, die keinerlei Berührungsängste zu klassisch-theologischen Themen hat. Gerade durch das unter Beteiligung der Hochschule durchgeführte und von der John-Templeton-Foundation geförderte Projekt zur analytischen Theologie wurde mir klar, dass es enorme Synergieeffekte zwischen analytischer Religionsphilosophie und klassisch-theologischen Themen gibt. Darüber hinaus ist mir, und dies ist eigentlich noch wichtiger, die positive Stimmung und der freundliche mitmenschliche Kontakt in Erinnerung geblieben, der sich in vielen Fällen zu guten Bekanntschaften und Freundschaften entwickelt hat. Ich hatte immer das Gefühl, an der Hochschule Teil eines offenen, familiären Umfeldes zu sein. Grandios waren natürlich auch die regelmäßigen Symposien in der Analogie. Dass sich die Studierenden nach Feierabend treffen und in entspannter Atmosphäre bei einem Glas Wein und frisch zubereitetem Essen über philosophische Themen austauschen, kannte ich aus meinem bisherigen Studium nicht; es war immer eine große Freude.