Was die theoretische Rationalität betrifft, haben Cantwell Smith und andere gezeigt, warum wir den textlichen und bildlichen Ergebnissen der künstlichen Intelligenz (KI) nicht vorschnell eine entscheidende repräsentative Rolle zuschreiben sollten – eine Rolle, die Sätze und Bilder in menschlichen Angelegenheiten spielen, nämlich sich auf Zustände in der Welt zu beziehen und von etwas zu handeln. Warum also nicht das Offensichtliche fragen: Kann KI von etwas handeln? Diese Frage erinnert an die Gefahr, die McDowell in der Beziehung zwischen Geist und Welt zu beseitigen sucht: das reibungslose „Spinnen im Nichts“. Ein ähnliches Problem gilt auch für unser praktisches Verständnis von Wissen. Seit Anscombe dominiert in der praktischen Vernunft die Auffassung, dass die Ausübung der Vernunft dazu dient, etwas zu verwirklichen, das der Handelnde als gut ansieht. Dies scheint sich jedoch grundlegend vom Vergleich von Ist-Zuständen zu unterscheiden, wie er beispielsweise in der Robotik stattfindet. Kann ein Verständnis dessen, was gut ist, als leitendes Prinzip algorithmischer mentaler Zustände programmiert werden?
Die hier behandelten Fragen sind durch drei Perspektiven strukturiert, in die die Konferenz unterteilt ist: die Perspektive der theoretischen, praktischen und ästhetischen Vernunft.
(I) KI und theoretische Rationalität. Ein Chatbot kann mit Kameras und Stimulusrezeptoren ausgestattet sein. Aber entstehen daraus Sinneswahrnehmungen als Material für Kognitions- und Urteilsakte? Und wenn ja, welche Konsequenzen hat dies für den Unterschied zwischen der kantischen Doppelnatur des Menschen (sinnlich und geistig) und dem hegelianischen Verständnis des Geistes, das die Natur als sein „Anderes“ setzt? Lassen sich KI und Robotik sinnvoll in diese Traditionen des Verständnisses integrieren? Und was tut KI, wenn ihr Output frei von Überzeugungen ist?
(II) KI und praktische Rationalität. Die Fähigkeit zu handeln – verstanden als das Tun aus einem Grund – steht dem Menschen offen, nicht jedoch – bis heute – den Maschinen. Trotzdem haben KI-Maschinen einen zunehmenden Einfluss auf uns als freie Akteure. Was bedeutet es für das Konzept unserer Handlungsfähigkeit, wenn KI menschliche Entscheidungen begleitet, unterstützt und beeinflusst (insbesondere unter dem Einfluss von Big Data)? Wird die Ausführung unserer Handlungen immer mehr in Ketten der KI-Informationsverarbeitung vormodelliert?
(III) KI und ästhetische Rationalität. Welche Auswirkungen haben ästhetische Urteile in der kantischen Tradition, wenn Roboter-Chatbots den Künstler als „Genie“ ersetzen? Geht etwas verloren oder wird etwas gewonnen? Wenn diese Veränderung tatsächlich einen Verlust darstellt, wie kann dieser konzeptualisiert werden? Diese Fragen sind eng verbunden mit der aktuellen Debatte darüber, ob KI in der Lage ist, Kunstwerke zu schaffen bzw. welche Rolle KI-Prozesse bei der Schaffung von Kunstwerken spielen können.
Organisation: D. Feige, D. Finkelde, E. Schürmann
Vortragende: Florian Arnold, Gabriele Gramelsberger, Godehard Brüntrup, Dominik Finkelde, Benjamin Rathgeber, Daniel M. Feige, Eva Weber-Guskar, Sabine Müller-Mall, Eva Schürmann, Christiane Voss
Eine Kooperationsveranstaltung der Hochschule für Philosophie München, der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg und der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Stuttgart (ABK). Mit freundlicher Unterstützung der Deutschen Gesellschaft für Ästhetik e.V.
Weitere Informationen unter: dominik.finkelde@hfph.de (Eine Anmeldung ist nicht nötig)
PROGRAMM