Von der Schwere der Praxis: Was uns das Autofahren zum Empiriebedarf philosophischer Kritik lehrt

Öffentlicher Vortrag im Rahmen der Tagung des German Pragmatism Network

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Aula
Kategorie:

Veranstaltung

Vortrag von Prof. Dr. Christoph Henning (Utrecht)

Moderation: Dr. Ana Honnacker

 

Abstract:

"Autos kleben. Wie, Autos kleben? Ist Kleben nicht etwas für Klimaaktivisten, die sich gegen Autos auf die Straße heften? Nein, auch die Autos selbst kleben – das ist kaum zu begreifen, und das gilt auch für philosophische Versuche, sich dem Thema kritisch zu nähern. Der Pragmatismus mit seiner Ausrichtung an praktischen (Alltags-)Problemen bildet da keine Ausnahme. Deshalb werden wir sie nicht los. Autos gehören zu den zahlreichsten und schwersten Dingen dieser Welt. Sie als Problem zu begreifen, fällt aber schwer. Denn die Riesenschäden, die sie verursachen, finden sich nur zum Teil in Alltagsinteraktionen wieder. Zwar gehören Lärm, Platznot und Gestank zum täglichen Ärgernis in der Stadt. Aber die gefährlichsten Gifte nimmt man nicht wahr, und ihr Klimaeffekt ist kaum fassbar. Autokritik erwächst daher weniger aus der Praxis, sondern wie von außen, aus Wissenschaften, die fehlbar bleiben. Die Affordanz der Autos , das, was sie uns (an-)bieten, hat dagegen eine Unwucht, die sie vor Kritik abschirmt: Sie prägt machtvoll unser Handeln und bleibt dem pragmatistischen Blick doch verschlossen. Basierend auf Interviews erörtert der Vortrag unsere subtile leiblich-emotionale Bindung an Autos, die sie zu den gewichtigsten materialen Trägern fossiler Ideologie macht. Nur wenn wir dies entziffern, wird der Weg frei von der Praxis über Kritik zur Transformation. Der Vortrag nimmt zudem diese umwegige Analyse zum Anlass, den Pragmatismus theoretisch krisentauglicher zu machen."