Nachruf zum Tod von Papst Franziskus
von Hochschulpräsident Johannes Wallacher
München, 21.04.2025. Die Hochschule für Philosophie München (HFPH) gedenkt Papst Franziskus, der am heutigen Ostermontag im Alter von 88 Jahren verstorben ist. Als erster jesuitischer Papst setzte er an der Spitze der römisch-katholischen Kirche wichtige Impulse, die über die christliche Welt hinaus Anklang fanden. Prof. Dr. Dr. Johannes Wallacher, Präsident der Hochschule für Philosophie München der Jesuiten, erinnert an das Lebenswerk von Papst Franziskus und formuliert folgende Würdigung:
„Nach seiner Wahl am 13. März 2013 stellte sich Kardinal Jorge Mario Bergoglio der Öffentlichkeit als Papst vom anderen Ende der Welt vor. Er war der erste Papst aus Lateinamerika, der erste Jesuit in diesem Amt, auch mit der Namenswahl Franziskus setzte er für sein Pontifikat von Beginn an wegweisende Zeichen.
Franziskus machte nicht nur durch zeichenhafte Handlungen wie den Besuch von Flüchtlingslagern, der Fußwaschung an Strafgefangenen oder dem Segensgebet auf dem menschenleeren Petersplatz am Beginn der Corona-Pandemie klar: die Kirche müsse für die Armen und Schwachen, für die Bewahrung der Schöpfung, für globale Solidarität und vor allem für Barmherzigkeit einstehen. Er rückte die kirchliche Soziallehre in das Zentrum der kirchlichen Praxis und Theologie und entwickelte diese durch seine Enzykliken in epochaler Weise weiter. Denn er war zurecht davon überzeugt, dass dies für den Auftrag und die Glaubwürdigkeit der Kirche und ihren Dialog mit der modernen Welt entscheidend sei.
In der im Mai 2015 veröffentlichten Enzyklika Laudato si‘ hat Franziskus gut belegt durch wissenschaftliche Fakten darauf verwiesen, wie sehr die zentralen ökologischen und sozialen Probleme unserer Zeit aufs Engste miteinander verknüpft sind und nur in integrierter Weise gelöst werden können. Vor diesem Hintergrund wirbt Franziskus für eine neue Idee von Entwicklung und Fortschritt, welche die Entfaltung des Menschen und der ganzen Menschheit in ökonomischer, politischer, sozialer und kultureller Hinsicht zur Geltung zu bringen vermag. Er hat damit auch wichtige Impulse für die Verabschiedung des Klimaabkommens von Paris und der Agenda 2030 mit den 17 Globalen Nachhaltigkeitszielen (SDG: Sustainable Development Goals) kurz Veröffentlichung der Enzyklika gegeben.
Franziskus hat stets für einen produktiven Dialog zwischen Religion und empirischen Wissenschaften geworben, bei dem man die Bedeutung wissenschaftlich-rationaler Analysen würdigt, gleichzeitig aber auch anerkennt, dass diese die Wirklichkeit nicht in ihrer Vollständigkeit erklären können und zur Lösung daher auch andere Formen von Wissen wie Literatur, Poesie oder kulturell-religiöse Weisheitslehren notwendig seien.
Die COVID-19-Pandemie hat, wie Papst Franziskus in seiner am 3. Oktober 2020 veröffentlichten Enzyklika Fratelli tutti formuliert, ‚unsere falschen Sicherheiten offen[ge]legt‘. Vor diesem Hintergrund formuliert er die Vision einer neuen globalen Geschwisterlichkeit, eines Bewusstseins der Zugehörigkeit ‚zu der einen Menschheit‘ als Voraussetzung dafür, ‚gemeinsam Gerechtigkeit und Frieden aufzubauen‘. Dies erfordere Franziskus zufolge mehr internationale Zusammenarbeit, um die drängenden globalen sozialen und ökologischen Herausforderungen bewältigen zu können. Gleichzeitig warnte er schon 2020 vor den populistischen und nationalistischen Bewegungen, die in verschiedenen Ländern, auch solchen mit bedeutendem christlichem und katholischem Einfluss, genauso aufleben wie rassistische Tendenzen, die in offenen wie verborgenen Formen auftreten. Auch die anhaltend hohen Ungleichheiten zwischen den Geschlechtern und neue Formen der Ausbeutung, Sklaverei und organisierten Kriminalität kritisierte der Papst scharf.
Daraus erwachse für die Kirche der Auftrag, zusammen mit ‚allen Menschen guten Wissens‘, entschieden für die universale Geltung der Menschenrechte aller einzutreten. Dieses Vermächtnis von Franziskus ist umso bedeutender, als er immer auch bewusst gemacht hat, dass dies nur dann gelingen könne, wenn die Kirche sich um glaubwürdiges Verhalten und notwendige Reformen im eigenen Verantwortungsbereich bemüht.“
Weitere Informationen:
Link zur Website von Prof. Dr. Dr. Johannes Wallacher: www.hfph.de/wallacher
Pressefoto von Prof. Dr. Dr. Johannes Wallacher: www.hfph.de/pressefoto-wallacher
Digitales Kondolenzbuch der Jesuiten in Zentraleuropa: Papst Franziskus Kondolenzbuch