Am Abend des 5. Juni 2025 wagte sich die Hochschule für Philosophie München (HFPH) im Rahmen ihres 100-jährigen Bestehens mit dem Philosophie-Festival PhiloSomnia auf Neuland – heraus kam eine philosophische Sommernacht, die trotz des verregneten Wetters sonnige Stimmung verbreitete. Die mehr als 300 Gäste aller Altersklassen feierten gemeinsam und tauchten bei Workshops, Poetry Slam und Late-Night-Vorlesung in die Welt der Philosophie ein.
Podiumsdiskussion zur Eröffnung
Das offizielle Programm startete mit einer Podiumsdiskussion in der Aula der Hochschule zur “Rolle der Philosophie für die Zukunft”. Studentin Emily Pfister, Alumna Pia Frey, Alumnus Constantin Pelka und Prof. Dr. Patrick Zoll SJ beleuchteten unter der Moderation von Tyra Webster (Bayerischer Rundfunk) unter anderem den Einfluss Künstlicher Intelligenz auf philosophische Fragestellungen, die Rolle der Philosophie im Arbeitsalltag und den Umgang mit Denkblockaden.

Emily Pfister, die neben ihrem Studium an der HFPH Fachpflegekraft für Intensivpflege und Anästhesie, sowie Beraterin für Ethik im Gesundheitswesen ist, schilderte, dass philosophische Reflexion mit dem anstrengendem Arbeitsalltag oftmals nur schwer vereinbar sei. Sie stellte fest, dass ebendiese Reflexion im Beruf bei geringerer Belastung sicher willkommen wäre.
Und was, wenn genug Raum und Zeit zum Philosophieren zur Verfügung stehen, aber keine Antwort in Sicht ist? Darauf sagte Prof. Dr. Patrick Zoll SJ, auch das gehöre zur Philosophie dazu. Er beschrieb es als Demutserfahrung: “Manchmal hilft ein Spaziergang, mal darüber schlafen, oder es einfach anerkennen”, – eine Aussage, die im Publikum für Schmunzeln sorgte.
Philosophie erleben – die Workshops
Im Anschluss waren die Gäste eingeladen, sich selbst mit philosophischen Fragestellungen auseinanderzusetzen – 12 interaktive Workshops standen zur Wahl. Funktionen und Auswirkungen von Deepfakes, Memes und Comics als mögliche Werkzeuge der Philosophie, oder das Lernen des richtigen Argumentierens – das Angebot war lebendig und alltagsbezogen. So vielfältig wie das Programm war auch das Publikum: Zu den Besucherinnen und Besuchern gehörten nämlich nicht nur Studierende der HFPH, sondern auch Alumnae und Alumni, Freundinnen und Freunde der Hochschule, Jugendliche, sogar ganze Schulklassen. Sie alle spiegelten wider, was den Abend so besonders machte: ganz gleich, ob man mit philosophischen Themen schon vertraut war oder zum ersten Mal Berührung damit hatte – Impulse und neue Perspektiven standen allen offen, unabhängig vom Vorwissen, vereint durch Neugier.
So zielte der von Schauspielerin Jochanah Mahnke geleitete Workshop “Sinn-lich: Körper, Philosophie & Ich“ darauf ab, den Körper bewusst wahrzunehmen: „Weg vom verkopften Denken, hin zum Spüren und zum Erleben einer Flow-Erfahrung.“ Die Teilnehmenden ließen sich auf entspannende Bewegungsformen ein, lernten den Einfluss von Dynamik und Gestik auf das eigene Körpergefühl kennen und verließen den Raum spürbar geerdeter als zuvor.

In einem anderen, ebenso nahbaren Ton wurde das Seminar “Wie treffe ich gute Lebensentscheidungen?” geführt. „400 – 500 Entscheidungen treffen wir täglich”, stellte P. Felix Schaich SJ von der Zukunftswerkstatt SJ aus Innsbruck zu Beginn der Session fest – die meisten davon allerdings ganz automatisch. Die Wahl zwischen Kaffee oder Tee morgens, oder andere banale alltägliche Entscheidungen übernimmt das „Gewohnheitstier” in uns.
Doch was ist mit den großen Entscheidungen, die tatsächlich eine Richtung vorgeben? P. Felix Schaich SJ zeigte Wege auf, wie man sich diesen nähern kann – mit Blick auf Alternativen und auf die eigenen Werte und Fähigkeiten. Was am Ende des Workshops blieb, war das Gefühl, dass jede Entscheidung – ob bewusst oder nicht – in gewisser Weise mitprägt, wer man wird. Entscheidungen wirken. Und sie verdienen es, überdacht zu werden.

Parallel konnten sich die Gäste auch an zahlreichen Infoständen schlaumachen. So präsentierten das Center for Responsible AI Technologies (CReAITech), die Zukunftswerkstatt SJ, Jesuit Volunteers und jesuitenweltweit ihre Arbeit. Auch das Studienangebot der HFPH konnte man im Gespräch mit Studiendekan Prof. Dr. Georg Sans SJ und Student Nikolai Parkin näher kennenlernen.
Philosophischer Poetry Slam
Später wurde es in der Aula poetisch: Beim philosophischen Poetry Slam traten sechs Talente gegeneinander an, die auf der Bühne ihre zuvor zu Papier gebrachten Gedanken vortrugen. Die Entscheidung fiel durch ein Applaus-Voting, bei dem das Publikum den besten Beitrag durch den lautesten Beifall bestimmte. Nach zwei Abstimmungsrunden lagen die Favoritinnen Clara Drechsler und Annika Liebert gleichauf. Anstatt den Wettstreit fortzusetzen, entschieden sie sich spontan und kameradschaftlich, den Hauptpreis von 50 € Büchergutschein zu teilen – was ebenfalls laut beklatscht wurde.

Raketenumschau und Late-Night-Vorlesung
Doch das sollte nicht der einzige Höhepunkt bleiben. Auch der anschließende Live-Auftritt der Augsburger Indie-Pop-Band “Raketenumschau” sorgte für ausgelassene Atmosphäre. Zwischen Tanz und Musik verarbeitete das Publikum die Eindrücke der Sommernacht.
Für die Nachteulen unter den Gästen fand bis 23:00 Uhr noch die Late-Night-Vorlesung “Kritische Theorie, Gesellschaftskritik und verdeckte Spielzüge“ statt, in der Prof. Dr. Michael Reder, Professor für Praktische Philosophie an der HFPH, seine Passion für Fußball unter philosophischen Aspekten betrachtete. Mit seiner unterhaltsamen Analyse ging das Philosophie-Festival schließlich zu Ende.
PhiloSomnia – ein Resümee
Was bleibt nach einer solchen Nacht? Vielleicht keine klare Antwort auf jede philosophische Frage – aber dafür viele neue Anstöße. Gespräche, die nachklingen. Workshops, die nicht nur zum Nachdenken, sondern auch zum Fühlen eingeladen haben. Menschen, die offen waren für Neues – im Austausch mit anderen, aber auch in der Auseinandersetzung mit sich selbst. Trotz des Regens war die Atmosphäre getragen von Leichtigkeit und guter Stimmung. Zwischen spielerischen Übungen, interessanten Vorträgen, musikalischen Einlagen und Poesie entstand ein Raum, in dem Philosophie zum Leben erweckt wurde. Eine Sommernacht in der Münchner Kaulbachstraße, die aufgezeigt hat, dass Philosophie nicht nur gedacht, sondern auch erlebt werden kann.
Danksagung
Zum Abschluss möchte die gesamte Hochschulfamilie noch von Herzen allen danken, die durch ihre aktive Mitwirkung, ihre frischen Ideen, sowie durch ihr tatkräftiges und nicht zuletzt auch finanzielles Engagement die Planung und Umsetzung von PhiloSomnia überhaupt erst möglich gemacht haben!
Wer die HFPH – zum Jubiläum oder darüber hinaus – ebenfalls unterstützen möchte, findet weitere Informationen unter dem Link Philosophie fördern.
Hier geht’s zum offiziellen Aftermovie:
